Wenn sich Berlin nicht nur als eine Stadt mit Flanier-Tradition, sondern auch aktuell als Stadt des Spazierengehens und Flanierens präsentieren möchte (vgl. „Fußverkehrsstrategie für Berlin“ unter Beschlusslage), muss insbesondere auch die Straße Unter den Linden aufgewertet werden. Sie ist schon seit knapp 500 Jahren eine der wenigen weltbekannten Flaniermeilen (vgl. Historie), doch leider zurzeit etwas aus dem Tritt gekommen.

Als einer der ersten Schritte wird empfohlen, die im Jahr 1934 vorgenommene Umgestaltung der Straße vom Boulevard zur Aufmarsch- und Kraftfahrzeugstraße - verbunden mit einer Abwertung der Mittelpromenade und Verbreiterung der Kraftfahrzeugflächen - schrittweise wieder rückgängig zu machen. Die Kosten für die vom FUSS e.V. vorgeschlagenen Maßnahmen sind verhältnismäßig gering, die Signalwirkung wäre dagegen über Berlins Grenzen hinaus erheblich.

Die folgenden Vorschläge sollen die öffentliche und fachliche Diskussion anregen (siehe auch die Karte Flaniermeile). Herauszustellen ist, dass jede der vorgeschlagenen Maßnahmen eine Verbesserung für die Nutzung der Straße durch Fußgänger, Radfahrer und öffentliche Verkehrsmittel darstellen würde und deshalb auch als eine Einzelmaßnahme sinnvoll wäre:

Die Mittelstreifen-Abschnitte werden zu einer zusammenhängenden Mittelpromenade:

Diese Situation kann man nicht als Mittelpromenade zum Flanieren anbieten.

Damit soll die Promenade aus der Sicht der Fußgänger optisch und verkehrsrechtlich zusammengefügt werden, ohne die Straßenstruktur wesentlich zu beeinflussen.

Die Sicherheit wird verbessert:

Hier ist ein Fußverkehrs-Audit erforderlich, wenn sich die Situation der Fußgänger verbessern soll.

Sollte der folgende Vorschlag (Punkt C.) nicht umgesetzt werden, müssen auch die Querungsanlagen zwischen der Universitätsstraße und der Straße Am Lustgarten untersucht werden. Es ist zumindest zwischen der Humboldt-Universität und der Staatsoper mit Bebelplatz eine überbreite Fußgängerfurt mit Einbeziehung der Promenade am Reiterstandbild Friedrichs des Großen möglich.

Zurzeit werden mit Ausnahme einer kurzen Strecke östlich der Friedrichstraße südlicher Gehweg nicht die Gehwege, sondern die Pkw-Parkstreifen und Fahrradabstellanlagen beleuchtet. Bei fehlender Schaufensterbeleuchtung gibt es in der Straße Unter den Linden „Dunkelzonen“, wie sie ein großstädtischer Boulevard nicht haben sollte. Die Mittelpromenade hat an den Rändern diffuse Leuchtstäbe, die direkt am Fahrstreifen leuchten, den Fußgängern aber ebenfalls wenig nutzen.

Berlin erhält im zentralen Bereich eine Begegnungszone:

Von einer Begegnungszone bisher noch weit entfernt.

Damit soll der zentrale Bereich der Straße Unter den Linden verkehrsberuhigt und weitestgehend vom schnellen Autoverkehr entlastet werden. Umfahrungsmöglichkeiten dieser recht kurzen Langsamfahrstrecke bietet z.B. der Straßenzug auf der Südseite ab der Charlottenstraße über die Französische Straße zur Breite Straße. Dieser hat möglicherweise die gleiche Kapazität wie zurzeit die Straße Unter den Linden und geringfügige Verkehrsverlagerungen belasten kaum mehr innerstädtische Wohnbereiche. Zu prüfen ist, inwieweit eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auch die Attraktivität für den Kfz-Durchgangsverkehr reduziert und ob es überhaupt zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen kommt.

Die Flaniermeile wird an das Nikolai-Viertel angeschlossen:

Damit ergäbe sich südlich der Seitenwege im Verlauf der Spree eine weitere Fußgängerachse zwischen dem Tiergarten und dem Berliner Zentrum, die in das System der grünen Hauptwege aufgenommen werden sollte.

Der Berliner Stadtkern wird verkehrsberuhigt:

In der modernen Metropole Berlin sollte es heute selbstverständlich sein, dass störender und gefährlicher Autoverkehr aus der Flaniermeile der Straße Unter den Linden weitestgehend verbannt wird. Der Fußgängerbereich am Brandenburger Tor und zudem die häufigen Sperrungen der Straße des 17. Juni für Kraftfahrzeuge belegen, dass Berlin an dieser Stelle möglicherweise gar keine so breit trassierte geradlinig geführte Verbindung für den motorisierten Individualverkehr durch den Stadtkern benötigt. Es sollte zumindest geprüft werden, ob die Kapazitäten der Französischen Straße und der Leipziger Straße im Süden und der Torstraße im Norden nicht ausreichend sind und mit einer Verknappung der zur Verfügung gestellten Fahrflächen der MIV im Kernbereich der Stadt zu begrenzen ist.

Quellen:

  1. Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen RASt 06, Forschungsgesellschaft für Strassen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.), Ausgabe 2006, 6.2.1.1
  2. Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen EFA, Forschungsgesellschaft für Strassen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.), Ausgabe 2002, 3.3.6.1, Bild 12
  3. siehe Schwab, Arndt unter www.strassen-fuer-alle.de > Shared Space > Shared Space genauer vor Ort untersucht, aus mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik Bewegung, Ausgabe 1/11, S.43. Die Opernplatz-Überfahrt hatte vor dem Umbau ein Kraftfahrzeug-Aufkommen (DTV) von ca. 20.000 Kfz/Tag und danach von etwa 14.000 Kfz/Tag.